Das Handwerkliche, den Umgang mit Ölfarben, das Anrühren von Gründen, die Vorbereitung von Malflächen u.v.a.m., konnte ich schon als Kind von meinem Vater lernen. Sehe ich von gelegentlichen
Malversuchen in der Kindheit und dem schulisch bedingten Malen „müssen“ einmal ab, dauerte es gut 20 Jahre, bis mir die Malerei zu einem stimmigen und vertrauten Ausdrucks- und Kommunikationsmittel
wurde.
Der eigene Weg, zumal als Autodidakt, wurde zunächst von den „Großen Vorbildern“ bestimmt und gehemmt. Sicher ist, dass mich besonders die Surrealisten geprägt und beeinflusst haben. Viele Bilder aus
den 70iger und 80iger Jahren belegen dies nachdrücklich. Obwohl das Malen mir als Ausdrucksmittel wichtig war, wurde mir mit der Zeit deutlich, dass die Illusion des Dreidimensionalen in der Malerei
mir nicht reichte und ich begann das Dreidimensionale in meine Malerei zu integrieren. Sei es als Öffnung der Fläche hin in den Raum oder als Spielen mit Materialien und/oder Formaten. Erste kleine
Gipsskulpturen waren ein zaghafter Versuch den Raum zu erobern.
1994 lud mich meine Frau ein mit in die Schweiz zu kommen und an einem Bildhauerworkshop an der Scuola di Scultura in Peccia, Tessin teilzunehmen. Dieses eher „zufällige“ Ereignis war für mich wie
ein Schlüsselerlebnis. Das, was mich in der Malereian Grenzen stoßen ließ, lag quasi sichtbar vor meinen Füßen und Händen; das plastische Arbeiten mit Stein! Der „innere Dialog“ mit dem Stein, der
mit der Gestaltung beginnt, zeigt sich nach außen im Ringen um Form. Dieses „Kräftemessen“ erzeugt eine fast sakrale Atmosphäre an dessen Ende eine fertige Skulptur stehen kann.
Die Malerei trat zu dieser zeit fast völlig in den Hintergrund. Von einigen Urlaubsaquarellen, oder Entwürfe und Zeichnungen für Skulpturen einmal abgesehen, gab es für mich nur die
Bildhauerei.
Formal führte mich der Weg über das Gegenständliche (Kopf und Torso) hin zu schlichten, einfachen Formen, die im Alltäglichen häufig unbeachtet bleiben, jedoch herausgelöst aus ihrem unscheinbaren
Kontext eine Dynamik entwickeln, deren Spannkraft archaischen Urformen entspringt. Gerade das Schlichte, Monolithische hat Menschen zu allen Zeiten zu mystischen Deutungen veranlasst, und deren
Überreste sind Heute Zeitzeugen menschlicher Entwicklung. Nicht zuletzt auch dadurch, dass Stein als unvergänglich gilt und somit symbolisch auch unseren Wunsch nach Unsterblichkeit
widerspiegelt.
Inhaltlich bewegen mich Gegensätze und Widersprüchlichkeiten, wobei ich im wechselnden Fokus mich ganz dem einen wie dem anderen nähere, ob in abweisender Unvereinbarkeit, oder durch scheinbar
harmonisierende Gleichheit. Die Illusion der Dreidimensionalität, die mich schon in der Malerei beschäftigt hat, taucht in der Steinbildhauerei als Illusion der Verarbeitungsmöglichkeit des Materials
wieder auf. Es entsteht der Eindruck, als sei Stein ein plastischer Werkstoff, der sich biegen, verdrehen oder gar knoten ließe.
Die Erfahrung von Prozess und Dynamik ist daher für mich von ebenso entscheidender Bedeutung wie das fertige Werk. Im Prozess erlebe ich das eigene Sosein in Beziehung zu Mensch und Welt, eingebettet
in ein zeitliches Kontinuum, das bei aller Widersprüchlichkeit auch die Synthese des scheinbar Unvereinbaren durch die Möglichkeit des bildnerischen wie plastischen Ausdruckes eröffnet. Sie (die
Widersprüchlichkeit) zeigt sich für mich in einer Auseinandersetzung mit Ganzheit und Fragment, Selbstbezogenheit und Kontext, Eigenliebe und Beziehung. Das fertige Werk ist „das Statement“ es sagt
dem Betrachter was mich berührt und fragt ihn, was ihn berührt. Von daher dürfen meine Skulpturen gerne berührt werden.
Heute gibt es wieder eine Hinwendung zur Malerei, die für mich wieder ein wichtiges und gleichberechtigtes Medium neben der Bildhauerei geworden ist. Ja, in Phasen, wo das eine nicht greift, finde
ich es inspirierend und bereichend auf das andere zurückgreifen zu können. Gerade durch die Erfahrungen mit der Bildhauerei bin ich in meinem malerischen Gestalten mutiger geworden. Große Flächen
sind für mich gern angenommene Herausforderungen, die ähnlich wie „am Stein“ ein Kräftemessen und Ringen um Form bzw. Komposition und Ausdruck beinhaltet.